Während ihres Aufenthalts vom 19. Juni bis 03. August im Rahmen der Artist-in-Science-Residence 2023 erforschte Violeta López López in Zusammenarbeit mit dem GSI Helmholtzzenrum für Schwerionenforschung in Darmstadt die Kilonova.
Termine während der AiSR
VIP-Tango (Dokumentation folgt)
Open Lab 14.07.2023
»Kunst trifft Wissenschaft« Social Media Workshop 24. & 25.07.2023
Eröffnung Final View 27.07.2023
Final View 28.-30.07.2023
HEAVY·METAL·VERSES
HEAVY·METAL·VERSES ist eine künstlerische Recherche, die die Poetik der Physik erforscht und eine Suche nach Analogien zwischen der Physik und den menschlichen Beziehungen sowie dem künstlerischen und poetischen Schaffen selbst einleitet.
Ausgangspunkt ist die Kilonova als ein Ereignis, das zur Entstehung durch Zerstörung führt, ein Ende, das zu einem Anfang wird. Zwei Neutronensterne in einem Doppelsternsystem umkreisen einander, bis sie schließlich miteinander kollidieren und durch den Verschmelzungsprozess eine Umgebung mit hoher Neutronendichte und hoher Temperatur schaffen, aus der neue Elemente entstehen, die Synthese schwerer, radioaktiver Atomkerne. Das Glühen der elektromagnetischen Strahlung, das in diesem Moment beim Zerfall der instabilen Kerne entsteht, ist als Kilonova bekannt.
Durch Forschungen in Zusammenarbeit mit GSI/FAIR wurde dieser Bereich auf die Supernovae, die den Neutronensternen vorausgehen, und auf die Kollisionen, die in der GSI-Anlage stattfinden, ausgedehnt, und zwar vorwärts und rückwärts.
Die Forschung hat zur Synthese von zwei Werken geführt, die sich auf formaler, dynamischer und konzeptioneller Ebene aus den Ideen rund um Sterne und Materie sowie aus der Beobachtung der Funktionsweise des Teilchenbeschleunigers und der dort durchgeführten Experimente und Forschungen speisen, wobei Analogien zwischen der physikalischen und der künstlerischen Sphäre hergestellt werden, um die Betrachter :innen aktiv in dieses Amalgam aus Kräften, Beziehungen und Dynamik einzubeziehen.
So wie die GSI sich selbst als »das Universum im Labor“ bezeichnet, könnte man das vorliegende Werk auch als „das Universum in der Ausstellungshalle“ und als »das Universum im Web« bezeichnen: Die interaktive Installation »Eternal state of Verse« und das interaktive Web »Eternal state of Birth« beziehen die Betrachter:innen direkt in die Dynamik binärer Systeme ein, in die zerstörerischen Prozesse, die die Schöpfung ermöglichen, in die Teilchen, die mit Zielen kollidieren und die Hinweise auf Antworten jenseits ihrer selbst hinterlassen.
ETERNAL STATE OF VERSE
ETERNAL STATE OF VERSE ist eine interaktive Installation, die durch die Nähe der Zuschauer aktiviert wird und eine Interaktion zwischen zwei Personen voraussetzt, um das Werk vollständig zu erleben. Es basiert auf der Extrapolation der Idee binärer Systeme in der Physik auf den Funktionsmechanismus des Werks, wobei es die Zuschauer sind, die dieses binäre System bilden, indem sie in ein bestimmtes Anziehungsfeld eintreten, das von den Sensoren aufgebaut wird. So werden, wenn ein Körper innerhalb eines bestimmten Entfernungsbereichs erkannt wird, Bilder und Töne projiziert, die sich je nach Entfernung vom Sensor verändern. Was projiziert wird, ist jedoch direkt unsichtbar, da es mit den verschiedenen Spiegeln an den Wänden kollidiert und so ein Mosaik aus Fragmenten entsteht, die sich auf unerwartete Weise im Raum ausbreiten, sich vermischen, nebeneinander stellen und das ursprüngliche Bild zerstören, um neue Elemente und neue Beziehungen entstehen zu lassen, Eine Art `eternal state of verse ́, denn so wie die Poesie die Worte von den strengen Grenzen der Semantik befreit, um neue, nicht festgelegte Bedeutungswege zu ermöglichen, so befreien die Spiegel das Bild und den Text aus ihrer strukturellen Einheit, um einen Zustand der Mutation vorzuschlagen, in dem neue Synthesen entstehen.
Das Licht oder das Teilchen, das in einem Ereignis mit einem Ziel kollidiert, wird in dem reflektiert, was aus dieser Kollision hervorgeht, was nicht es selbst ist, sondern in einem offenen Code zwischen Erkennung und Wahrnehmung von ihm spricht.
ETERNAL STATE OF BIRTH
ETERNAL STATE OF BIRTH ist eine interaktive Website, auf der die Benutzer:innen durch die Navigation auf den verschiedenen Bildschirmen in die Rolle des Ausführenden der Handlung versetzt werden. Das Werk entwickelt sich aus Ereignissen, die durch die Interaktion des Betrachters mittels Schweben, Klicken, Ziehen und Zoomen ausgelöst werden. Es handelt sich um einen poetischen Entwurf rund um die Ideen der Kilonova, der zerstörerischen Prozesse, die zu Schöpfung, zyklischen, binären Systemen und Materie führen.
Die Serie von Bildschirmen stellt einen Entwurf für ein Universum dar, das das Imaginative und das Suggestive fördert, indem es die Physik als Ausgangspunkt nimmt, diese Konzepte über ihre eigene Disziplin hinausführt und die Möglichkeit ihrer subjektiven Neuinterpretation eröffnet. Auf diese Weise erhalten sie für jeden Betrachter eine neue Bedeutung, denn er wählt seinen eigenen Weg innerhalb des Werks und entscheidet, wie weit er bei der Erkundung gehen möchte.
Die Idee basiert auch auf einer Parallelität, die zwischen der Physik und der Javascript- Webprogrammierung auf einer terminologischen Ebene rund um das Wort »Ereignis« hergestellt wurde:
- Ereignis in der Physik als das, was passiert, wenn eine Kollision im Beschleuniger stattfindet und deren Ergebnisse von den Detektoren gesammelt werden.
- Ereignis in der Webprogrammierung als die Benutzerinteraktionen wie Klicks und Hovers, wobei in dieser Umgebung die »Detektoren“ die eventListeners sind.
Statement Institut:
»GSI/FAIR erforschen das Universum im Labor: Die Experimente am Forschungszentrum ermöglichen es, Materie zu untersuchen, wie sie unter extrem hohen Temperaturen, Drücken oder Dichten in großen Planeten, Sternen und Sternexplosionen vorkommt. Wie werden die Ergebnisse unser Wissen über das Universum verändern? Werden sie auch unsere Wahrnehmung des Universums beeinflussen? Wir freuen uns auf dem künstlerischen Dialog zwischen Violeta López López, unseren Wissenschaftler:innen und der Öffentlichkeit über die Entwicklung des Universums, die Entstehung der Elemente, und wie die Forschung dazu immer tiefere Einblicke gewinnt.«, Paolo Giubellino, Wissenschaftlicher Geschäftsführer von GSI und FAIR.