Protokoll einer Online-Gesprächsrunde am 13. November 2020 von 10:30 bis 14 Uhr
Titelbild: Standbild aus dem Video „Self Driving Car“ zum Projekt „System Aesthetics“
Was sind die multiperspektivischen Ideen in Bezug auf die Erweiterung einer Digitalstadt? Wie kann eine Stadt in ihre digitalen Räume erweitert werden?
2017 hat Darmstadt den Bitkom-Wettbewerb „Digitale Stadt“ gewonnen. Durch die Implementierung digitaler Smart-City- Technologien baut sie mit ihren Partnern aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft seitdem ein urbanes digitales Ökosystem mit greifbarem Nutzen für die Bürger auf. Damit die Potenziale der Digitalisierung auch sinnvoll genutzt und der digitale Wandel in Darmstadt umsichtig gestaltet wird, unterstützen Expertengremien wie der Ethik- und Technologiebeirat. digitalstadt-darmstadt.de/digitalstadt-darmstadt
Die Digitalstadt Darmstadt ist Vorreiter und Modellkommune dafür, wie mit neuen Technologien der Alltag in der Stadt erleichtert werden kann. Dabei bauen wir auf dem einzigartigen Charakter als Wissenschafts- und Kulturstadt auf, um Darmstadt heute und in Zukunft attraktiv und lebenswert zu gestalten. https://www.darmstadt.de/leben-in-darmstadt/
Seit 2017 hat sich in Darmstadt vieles getan: digitales Antrags- management im Rathaus, virtuelle Ladenbesuche, optimierte Müllentsorgung, Echtzeitverkehrsführung. Während Corona wurde BigBlueButton zur stadtweiten Kommunikationsplatt- form für Schulen und Behörden weiterentwickelt. Die Innenstadt hat freies WLAN, es gibt ein 5G-Testfeld, Smart Parking… Über eine „Datenplattform“ sollen in Zukunft die unterschiedlichsten Anforderungen der Digitalstadt zentral betreut werden. Dies sind einige Beispiele der vielen Projekte, die die Digitalstadt Darmstadt GmbH in ihrem Portfolio entwickelt.
Die bemerkenswerte Vielfalt der Maßnahmen allein schon auf der Website der Digitalstadt macht deutlich, von wie vielen Seiten sich mit den Herausforderungen und Möglichkeiten der Digitalität auseinandergesetzt wird und wie viele Akteure daran beteiligt sind. Dies kann als gutes Zeugnis gelesen werden, wie vielschichtig und plural die Herausforderungen im Zuge der Digitalisierung einer Stadt angegangen werden. Man könnte dieser Vielfalt aber auch eine gewisse Beliebigkeit unterstellen: Viele Projekte und Maßnahmen werden von vielen Akteuren mit vielen Interessen an vielen Orten entwickelt, um dann im Anschluss im “Kesselchen” des Stadtraums zu landen, in der Hoffnung, dass sie dort sinnvoll funktionieren.
Ein Gesamtkonzept der Digitalstadt als Fundament zu den beschriebenen Einzelmaßnahmen, wird aus den Beschreibungen nicht deutlich. Das “urbane digitale Ökosystem” wird nicht verständlich, geschweige denn, von wem es in seiner grundsätzlichen Anlage konzipiert, geplant und betreut wird und wie es sich in die physische Stadtwelt – wenn man diese denn von der digitalen trennen will – integrieren lässt.
Die Idee, eine Stadt (wie z.B. Darmstadt) in digitale Bereiche abzubilden bzw. zu erweitern, beschäftigt nicht nur die Stadtverwaltung bzw. kommunale Einrichtungen, sondern auch Forschungsinstitute, universitäre Fachbereiche, Unternehmen, Kultureinrichtungen und last but definitely not least viele der Bürger:innen einer Kommune.
Wie kann es gelingen, die Interessen und Maßnahmen dieser vielen Akteure sinnvoll planend und steuernd zu begleiten? Welche Rolle obliegt der Kommune? Welche Möglichkeiten zur gemeinschaftlichen Planung und Steuerung könnte es geben?
Um sich hierzu sinnvoll zu verständigen, ist es wichtig, sich mit der Frage nach der Gestalt auseinandezusetzen. Denn neben dem lösungsorientierten Vorgehen bei der Digitalisierung (Wo gibt es Probleme und wie lassen sie sich lösen?), einem Vorgehen nach ökonomischen Kriterien (Was lässt sich damit verdienen/einsparen/mobilisieren?) oder einem Vorgehen, das sich im wesentlichen an den Möglichkeiten orientiert, was sich mit den neuen Daten und Strukturen alles so tun lässt, ist die Auseinandersetzung mit dem “Warum?” solcher Möglichkeiten und Veränderungen und dem “Wie” des konkreten Vorgehens von essentieller Bedeutung.
Wie also könnte man sich die Erweiterung einer Stadt in ihre digitalen Räume vorstellen? Eine solche Auseinandersetzung benötigt den Diskurs über “Bilder”, was eine Digitalstadt sein könnte, fordert Entwürfe für eine Zukunft der Stadt im Digitalen.
Für den Digital*Salon#5 waren Expert:innen aus Wissenschaft, Technologie, Philosophie und Theater eingeladen worden, über ihre verschiedenen Vorstellungen einer Digitalstadt miteinander ins Gespräch zu kommen. Hier ging es zentral um die Fragen, was eine Kommune in ihrer ganzen Vielfalt und Diversität ausmacht und wie eine übergeordnete Struktur digitaler und analoger Formen und Repräsentation aussehen könnte.
Der Digital*Salon#5 ist Auftakt eines langfristig angelegten Austauschs über die Möglichkeiten der Kultur- und Wissen- schaftsstadt im und mit dem Digitalen. Im Zentrum des Austau- sches steht die Frage: Wie lässt sich Darmstadt als Ganzes, unter Mitwirkung seiner Bürger und auf Basis aller vorhandener (bzw. gewünschter) Informationen, Orte, Beziehungen, Strukturen, Themen etc. sinnvoll in virtuellen Formaten weiterdenken, entwickeln und abbilden?
Mit dem Projekt »Digitales Kataster der Kulturräume Darmstadts« wird der Verein 2021 ein eigenes Programm initiieren, das sich mit den Anforderungen, Eigenschaften und Potenzialen öffentlicher Kulturräume in Darmstadt beschäftigt und wie diese sich mit Hilfe digitaler Maßnahmen markieren und nutzbar machen bzw. erweitern lassen. Die kulturelle Nutzung und Perspektive stehen dabei ebenso im Vordergrund wie die individuelle Situation Darmstadts.
Im Vorfeld des Digital*Salons waren die Teilnehmer:innen eingeladen worden, Bild(er) beizutragen, die Grundlage einer freien Schilderung sind, was sie sich unter dem »Abbild und der Erweiterung einer Stadt in digitle Räume« vorstellen.
Das nachfolgende Protokoll stellt diese Inputs zusammen und listet weiterführende Fragen zum Thema auf.
Referent:innen
Markus Beckmann
Innovationsmanager der Hessische Zentrale für Datenverarbeitung (HZD)
Petra Gehring
Professorin für Philosophie TU Darmstadt, Vorsitzende Rätin für Informationsinfrastrukturen der GWK und Gründungsdirektorin des hessischen Zentrums verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI)
Maximilian Löwenstein
Schauspiel-Dramaturg am Staatstheater Darmstadt
Laura Pauli
Persönliche Referentin des Vorstands der Schader-Stiftung,
wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Systeminnovation für Nachhaltige Entwicklung (s:ne)“
Joachim Rix
stellv. Leiter der Abteilung Geoinformationsmanagement am Fraunhofer-Institut für grafische Datenverarbeitung IGD
Michael Schmidt
Leiter der Abteilung Zukunftskonzepte und Management-Unterstützung im Europäischen Kontrollzentrum bei der ESOC
Kultur einer Digitalstadt e.V.
Lukas Einsele (KeD, Vorstand)
Albrecht Haag (KeD, Vorstand)
Friederike Bülig (KeD, Protokoll)
Dominik Schabel (KeD, Video-Dokumentation) Verena Schneider (KeD, Graphic Recording)