Artist in Residence Karwath + Todisko: »Heritage«
Am Donnerstag, den 8. April, bezieht die siebte Künstlerin unseres »Artist in Residence« Programms Karwath+Todisko die Räume des Atelierhauses LEW1.
Während ihres Aufenthalts entstehen verschiedene Formate rund um ihr Projekt »Heritage«. Das Projekt basiert auf der Familiengeschichte der Künstlerin, deren Eltern eine Vergangenheit als Kriegskinder teilen, jedoch auf unterschiedliche Weise damit umgegangen sind. Anhand von Architekturfotografien ihres Vaters aus den 1960er Jahren nähert sie sich der Thematik an und wendet sich dabei auch der, in dieser Generation häufig vorkommenden, Vorratsanhäufung und dem Bedürfnis nach Archivierung zu.
Im Atelierfenster des LEW1 gibt es ab 8.April die Installation »Family Table« von Karwath+Todisko zu sehen. Der Esstisch aus dem Elternhaus wird in den Ausstellungskontext transportiert – wie vor ihm bereits der Wohnzimmervorhang und andere Objekte. Der Vater der Künstlerin verzichtet für diesen Zeitraum auf seinen Esstisch.
Außerdem wird es einen Film über das Projekt »Heritage« und die gleichnamige Ausstellung im L187 in Offenbach im Herbst 2020 geben. (Siehe oben) Laufzeit 4:30 min.
Das Projekt »Heritage« wird von der Hessischen Kulturstiftung im Rahmen des Kulturförderprogramms »Hessen kulturell neu eröffnen« gefördert.
Die 6. Artist Residence von Kultur einer Digitalstadt wird mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Darmstadt, HEAG Kulturfreunde Darmstadt GmbH und »Wir für Kunst« realisiert.
Über »Heritage«
In ihrem Projekt »Heritage« beschäftigt sich unsere »Artist in Residence« Künstlerin Karwath+Todisko mit Erinnerungskultur. 2020 jährte sich das Ende des 2. Weltkriegs zum 75. Mal. Sämtliche Veranstaltungen mit Zeitzeugen wurden wegen des Lockdowns im Frühjahr abgesagt. Auch der Vater der Künstlerin war als ein solcher Zeitzeuge angefragt.
Bei den letzten Zeitzeugen handelt es sich um Kriegskinder. Eine Generation, die üblicherweise kaum über die erlebten Traumata spricht. Diesen Menschen wurde durch die Pandemie die vielleicht letzte Möglichkeit genommen, sich öffentlich zu äußern und den nachfolgenden Generationen wurde eine Möglichkeit des Verstehens und der Verarbeitung ihres Erbes genommen.
Karwath+Todisko wendet sich Fragen zu, die den Umgang mit Objekten betreffen, die ein Mensch sein Leben lang gehütet hat und nimmt dabei auch die unter Kriegskindern verbreitete Vorratsanhäufung und das Bedürfnis nach Archivierung in den Blick.
Dabei arbeitet sie mit Aufnahmen ihres Vaters, der in den 60er Jahren, Häuser, Baustellen und den Bau ihres Elternhauses fotografisch dokumentierte. Von den Fotos schneidet sie so viel weg, dass durch die Reduktion und die Kombination eine neue Ordnung entsteht, dass Haltungen deutlicher werden, dass nur das Wesentliche übrig bleibt. Es entstehen aber auch viele Leerstellen und Fragen.
Biografie
Karwath+Todisko studierte Bühnenbild und Bildhauerei an der Weissensee Kunsthochschule in Berlin. Im Jahr 2006 erfolgte ihr Meisterschülerabschluss bei dem Dramatiker Roland Schimmelpfennig. Seither arbeitet sie interdisziplinär unter den Namen Karwath+Todisko und Inna Wöllert, sowohl in der freien Kunst, als auch am Theater. Was die Arbeiten eint, ist die Beschäftigung mit dem Raum.
Ausstellungen und Installationen von Karwath+Todisko waren u.a. in der Basis und dem saasfee* pavillon in Frankfurt, der Kunsthalle am Hamburger Platz in Berlin und der Kunsthalle Darmstadt zu sehen. Sie gestaltete Theaterräume u.a. am Schauspiel Leipzig, am Staatstheater Darmstadt, am Theater Oberhausen und am Mousonturm in Frankfurt.
Seit über zehn Jahren ist sie auch als Dozentin tätig. Lehraufträge und Vorträge führten sie u.a. an die Hochschule Darmstadt und an die Accademia di belle Arti Santa Giulia in Brescia.
Heritage 10, 2021 © Karwath+Todisko, VG Bild-Kunst, Bonn 2021
Family Table, © Karwath+Todisko, VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Foto: Dominik Schabel
Karwath+Todisko © Jan Ehlers