26. Juli bis 17. August 2020
Eine Kooperation von »Kultur einer Digitalstadt« und dem Internationalen Waldkunst Zentrum Darmstadt (IWZ)
Konzeptioneller Hintergrund des Residence-Projekts
In den beiden Residence-Projekten »Mother Mandala« und »PTS-Pandemic« untersucht Frank die kulturellen, politischen und umweltbezogenen Folgen der Corona Krise. Die internationale Textilindustrie und die dort vor- herrschenden, oftmals menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, stehen dabei als Untersuchungsgegenstand symptomatisch für negative und ethisch fragwürdige Entwicklungen in der Welt. Im LEW1 und online gab es hierzu verschiedene Live-Events, Live-Übertragungen von Filmvorführungen und Projektionen sowie eine von Frank kuratierte Ausstellung (siehe Terminliste unter »Programm«). In Kooperation mit dem Internationalen Waldkunstzentrum Darmstadt (IWZ) entstand am Waldkunstpfad im Rahmen der Residence die Installation »Mother Mandala«.
Identität & COVID-19.
Gesellschaftliche und kulturelle Entwurzelung, befördert durch Globalisierung, vermag zuweilen zu Identitätskrisen des Einzelnen zu führen. In der Reflexion des jeweiligen Umgangs mit der COVID-19 Pandemie scheint aktuell die tatsächliche Identität und Kultur der einzelnen Länder mehr als bisher durch. Auch Mode ist ein Indikator, der die Werte einer Gesellschaft widerspiegelt und – aufgrund ihrer Bedeutung für die Eigen- und Fremdwahrnehmung einer Person – mit der individuellen Identitätsfindung verknüpft ist.
Mit dem Prinzip der »Fast Fashion«, einem den internationalen Textilhandel dominierenden Geschäftsmodell, bei dem in teils wöchentlichem Rhythmus neue Modekollektion und Trends als Massenware auf den Markt gebracht werden, verlieren wir, laut Regina Frank, durch den häufigen Wechsel unserer Kleidung, die Wertschätzung für das, was bereits in unserem Besitz ist, und verbinden immer weniger Erinnerungen mit unseren Kleidungsstücken. Oftmals wurden diese unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern produziert und landen ungetragen in unserem Müll.
Auch die international agierende Textilindustrie ist von der COVID-19 Pandemie betroffen. Insbesondere die Textilarbeiter:innen treffen der Einbruch des Marktes und die fehlenden Einnahmen. Die internationale, vor allem auf Social Media geführte und breit vernetzte Kampagne namens #PayUp stellt sich gegen diese Form von Ausbeutung.
Regina Frank nimmt in ihren Residence-Projekten »Mother Mandala« & »PTS-Pandemic« bei der Reflexion der internationalen COVID-19 Pandemie und ihrer Folgen auch Mode als ein Symptom der Krise in den Fokus.
»PTS-Pandemic«
»PTS-Pandemic« ist die erste öffentliche Video-Performance von Regina Frank nach dem Corona-Lockdown. Sie ist Teil ihres inzwischen seit über 30 Jahren bestehenden Perfomance-Konzepts mit dem Titel »The HeArt is Present«. In »PTS-Pandemic« bewegt sich Frank über einen längeren Zeitraum für Zuschauer:innen nahezu unmerklich. Erst in der Videodokumentation, in der der Ablauf beschleunigt wird, ist ihre Bewegung nachvollziehbar und steht in starkem Kontrast zu den rapide vorbeiziehenden Menschen im Umfeld der Performance.
Der mediatative Ansatz von »PTS-Pandemic« zielt darauf ab uns daran zu erinnern, dass uns manchmal die Auswirkungen unseres Verhaltens erst dann klar werden, wenn wir zurückblicken und unsere Handlungen aus einem neuen Blickwinkel analysieren. Die Performances werden dauerhaft auf den Homepages von Regina Frank und »Kultur einer Digitalstadt« dokumentiert.
Bei »PTS-Pandemic« trägt Frank ein weißes Kleid, auf dem die COVID-19 Entwicklungskurven von 77 ausgewählten Ländern, von Afghanistan bis in die Zentralafrikanische Republik laut ourworldindata.org in unterschiedlichen Farben abgebildet sind. Im Gegensatz zu den kalten Linien der Datenentwicklungsgraphen überträgt Frank die Linien im Vorfeld der Performance von Hand auf das Textil. Ihr persönlicher Duktus beeinflusst dabei die Kurve und lässt symbolisch Raum für die emotionale Qualität der Linie.
»Mother Mandala«
»Mother Mandala« ist eine ortsbezogene Installationsarbeit auf dem Boden des Waldkunstpfads des Internationalen Waldkunst Zentrums Darmstadt. Die erste Schicht des Mandala besteht aus von Darmstädter:innen gestifteten, farbigen Kleidungsstücken, die im Weiteren durch Frank mit Fundstücken bereichert werden. Durch die dauerhafte Vernetzung des Kunstprojektes im Internet und auf Social Media werden die Hintergründe der Kleidungsstücke sichtbar gemacht und die Erinnerungen, die individuelle Geschichte ihrer ehemaligen Besitzerinnen publiziert.
»Mother Mandala« zelebriert zudem den Ursprung und die Verbindung zur Natur und de- ren heilende Kräfte. Die komplexen Zusammenhänge der einzelnen Elemente im Mandala, die Vernetzung des Projekts im Internet und die individuellen Geschichten der Kleidungsspender:innen erinnern auch an die enge unterirdische Verbindung des Waldes in Form von Wurzelrhizomen der Bäume und Pilze.
Entdecken Sie in der Fotogalerie den Entstehungsprozess von »Mother Mandala«:
Der Gastaufenthalt von Regina Frank und die Realisierung der Projekte wird ermöglicht durch die Förderung der Wissenschaftsstadt Darmstadt und der Digitalstadt Darmstadt GmbH.