Die Erprobung der Kulturkarte in ihrer analogen Form am 29. Juni 2021 von 13.00 bis 21.00 Uhr am Osthang der Mathildenhöhe Darmstadt: Link zum Film auf Instagram
Im Digital*Salon #8 – »Auf der Suche nach Kulturorten in Darmstadt« erprobten wir auf analogem Weg die für eine Digitale Kulturkarte erforderlichen Funktionen und Kriterien. Ziel des analogen Mockups war es, die Herausforderungen und möglichen “Bugs” der zukünftig digitalen Anwendung frühzeitig zu erkennen, um sie bei der weiteren Entwicklung berücksichtigen zu können.
Hintergründe
Am 24. Juli 2021 wurde die “Mathildenhöhe Darmstadt” UNESCO-Welterbe. Fünf Tage später findet der Digital*Salon #8 – »Auf der Suche nach Kulturorten in Darmstadt« in unmittelbarer Nähe dieses äußerst traditionsreichen Geländes statt: Wir sitzen am Osthang der Mathildenhöhe, in einer waldähnlichen Atmosphäre, knapp 50 Meter östlich der sogenannten “Stadtkrone”, bestehend aus Hochzeitsturm und Ausstellungsgebäude, sowie weiteren Ausstellungs-, Atelier-, und Wohnbauten, Gärten, Kunstwerken und Brunnen, die zwischen 1901 und 1914 dort errichtet wurden.
Noch Ende des 19. Jahrhunderts war die Mathildenhöhe als Ausläufer des Odenwalds ein weitgehend unbebauter Hügel. Neben einem englischen Landschaftsgarten und dem Platanenhain befanden sich dort der städtische Wasserspeicher und seit 1899 die Russische Kapelle. Das Ausstellungsgelände und die bis heute bestehenden Bauten bilden die Stätte “Mathildenhöhe Darmstadt”. Ein wesentliches Motiv dabei war die Idee der Einheit von Leben und kreativem Schaffen der Bewohner und Mitglieder der Künstlerkolonie, die sich in den Gebäuden und Räumen der Mathildenhöhe ausdrücken und so von allen erlebbar werden sollte. Durch die sukzessiven baulichen Erweiterungen im Rahmen der Ausstellungen und die gleichzeitige Translozierung temporärer Bauten, war die Mathildenhöhe ein dynamischer Ort, der Utopien zur Diskussion stellte, und Räume für Experiment und Aufbruch bot. Ein wirklich geeigneter Ort, um im Hier und Jetzt darüber nachzudenken, wie wir in Darmstadt in Zukunft miteinander leben wollen und wie wir unsere Stadtkultur durch neue Räume, Orte und Akteure bereichern und lebendig gestalten können.
Erprobung der analogen Kulturkarte
In Zusammenarbeit mit dem Vermessungsamt Darmstadt waren folgende Daten in eine Karte der Stadt importiert worden: Flurstücke, Gebäude, Straßennamen und Hausnummern, Baumkataster und Eigentumsverhältnisse (öffentlich/privat). Die entstandene Karte wurde großformatig auf wetterfeste Plane gedruckt und am Osthang der Mathildenhöhe im Freien aufgehängt. Sie war Teil des “Kleinen Freitag”, einer öffentlichen Veranstaltung der Kulturinitiative OHA (https://www.osthang.de/)
@ Kultur einer Digitalstadt 2021
Im Laufe des Digital*salons und in dessen Anschluss wurden von den Teilnehmer:innen des Digital*Salons und Besucher:innen des “Kleinen Freitag” Kulturorte auf der Karte markiert und auf vorgedruckten Notizblättern mit Hilfe einer Kriterienliste beschrieben, die eine möglichst universelle und dabei dennoch ortsspezifische Beschreibung ermöglichen sollten. Im Verlauf des Nachmittags und Abends wurden insgesamt knapp 60 Orte markiert und beschrieben. Die entstandene analoge Datensammlung soll bei weiteren Veranstaltungen erweitert werden. Die vorliegenden analogen Datensätze werden digitalisiert und sollen bei Entwicklung der Digitalen App in eine weiterentwickelte Maske von Markierungs- und Suchkriterien eingepflegt werden.
@ Kultur einer Digitalstadt 2021
Ein erstes Resümee
Die Such- und Markierungsbewegungen der vielen Beteiligten werden zu einer wesentlichen und identitätsstiftenden Handlung. Indem das eigene Wissen mit dem der anderen geteilt wird, beginnt das konstruktive Verhandeln über die gemeinsamen Räume einer Stadt und ihrer Möglichkeiten.
Es wird deutlich, wie unterschiedlich die Kenntnisse der verschiedenen Bürger:innen und Nutzer:innen von einer Stadt und deren Räume sind und wie verschieden die Vorstellungen über ihre Potenziale und Nutzungsmöglichkeiten.
Eine Stadt mit ihrer Geschichte und Gegenwart lässt sich von allen Bewohner:innen erzählen, ihre Zukunft von allen planen. Die Stadt bietet dabei den Raum, in dem Geschichte, Gegenwart und eben auch Zukunft mit konkreten Orten verknüpfbar wird. Diese Verknüpfbarkeit und damit Erzählbarkeit von Geschichte, Gegenwart und Zukunft ist wesentlich für die Identität einer Stadt. Gleichzeitig bedeutet die Vielschichtigkeit und Vielzahl der Geschichten und Orte, dass es nicht immer einfach ist, sich darin zu orientieren.
Eine wesentliche Herausforderung für das Gelingen einer Digitalen Kulturkarte wird es darum sein, die Balance zwischen der individuellen Wahrnehmung und Beschreibung eines Orte durch Einzelne und die Nutzbarkeit der gesammelten Informationen durch Viele zu ermöglichen.
Die Leichtigkeit, mit der sich an der Mathildenhöhe eine Verbindung von Kulturerbe zu potenziellen Kulturorten in der Zukunft herstellen ließ, war beeindruckend. Allein die Vorstellung, dass vor 125 Jahren dort noch kein einziges Gebäude stand und sich einige Menschen damals womöglich ganz ähnliche Gedanken machen und ähnliche Visionen hatten (“Was lässt sich mit diesem wunderbaren Ort tun?”), setzte Ideen.
Beim Betrachten der spezifisch für diese Vorhaben entwickelten Karte fällt noch ein weiterer Aspekt besonders auf: Es ist erstaunlich, wie viele Flächen einer Kommune sich in öffentlicher Hand (Bund, Land oder Kommune befinden). Dies motiviert, über ein anderes Verhältnis zur eigenen Stadt nachzudenken: “Wenn uns so viel von einer Stadt gemeinsam gehört, dann können wir diese vielen öffentlichen Räume auch gemeinsam gestalten.” Link zum Film auf Instagram
Teilnehmer:innen
Paul Hirsch
Jens Bingenheimer
Daniela Ginten
Roland Lentz
Alex Deppert
Simon Lonis
Paisano
Bela